Engel des Bösen - Die Geschichte eines Staatsfeindes

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Der ewige Kampf der Michele Placido

Schön, wenn ein Filmschaffender das Thema seines Lebens gefunden hat. Im Falle des Schauspielers und Regisseurs Michele Placido kann man dieses Thema auch eine Obsession nennen. Spätestens mit der Erfolg der Fernsehserie Allein gegen die Mafia, bei der er in den ersten vier Staffeln den unerschrockenen Polizist Corrado Cattani gab hat sich der Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Michele Placido immer wieder mit der strukturellen und organisierten Gewalt in seiner Heimat Italien auseinandergesetzt – das Ankämpfen gegen die Chimären des Verbrechens ist ihm eine Herzensangelegenheit geworden. Bislang waren seine eigenen filmischen Arbeiten als Regisseur in Deutschland eher selten bis gar nicht in den Kinos zu sehen; dass sein neuester Film Engel des Bösen es nun hierzulande auf die Leinwand schafft, liegt vor allem an einem Mikrotrend der letzten Jahre. Filme wie Jacques Mesrines Public Enemy No.1- Mordinstinkt und Public Enemy No.1 — Todestrieb, Jacques Audiards Ein Prophet oder Olivier Assayas Carlos – Der Schakal haben gezeigt, dass der Gangster, der kriminelle Außenseiter und Terrorist, der sich gegen die Gesellschaft stellt, längst keine Domäne des US-amerikanischen Films mehr ist. Im Vergleich zu den genannten Vorbildern aber bleibt Engel des Bösen — Die GEschichte eines Staatsfeindes um einiges zurück.
Im Zentrum des Films, der sich wie viele andere Gangsterfilme der letzten Zeit eng an einem realen Vorbild orientiert, steht Renato Vallanzasca (Kim Rossi Stewart), der seine erste Begegnung mit der Polizei bereits im zarten Alter von neun Jahren hatte. Auf der Suche nach Geld, Macht und Anerkennung wählt „der schöne René“ den schmutzigen Weg und schwingt sich schließlich zum Paten von Mailand auf. Im Laufe seiner Karriere pflastern ebenso viele Leichen wie Frauen seinen Weg – doch die Erfüllung seines Lebenstraumes muss ebenso scheitern wie seine heimliche Sehnsucht nach einem anständigen „bürgerlichen“ Leben.

Nichts wirklich Neues erzählt Michele Placido in seiner Aufarbeitung des schillernden Lebens von Renato Vallanzasca. Der rasante und rücksichtslose Aufstieg, die lässige Attitüde des charmanten Playboy-Gangsters, die ihren Widerhall in einer zunehmend faszinierten Medienlandschaft findet, seine Hybris und machistische Arroganz, seine Härte gegen andere und sein Masochismus, der sich schließlich in offene Autoaggression verwandelt, sein Frauenverschleiß (in Italien ist das ja immer ein Anlass zur Bewunderung) und sein Außenseiterdasein, das sich trotzig gegen die Regeln des Staates stellt und diesen eine ganz eigene verquere Gangstermoral entgegensetzt – all das hat man in den letzten Jahren zu Genüge gesehen.

Das ist zwar nicht unbedingt ein Argument gegen den Film, wenn entweder die biographischen Bezüge oder der Unterhaltungswert einen Mehrwert versprächen. Genau das kommt aber in Engel des Bösen zu kurz. Mit zahlreichen, nicht immer gelungenen Dialogen und vergleichsweise wenig Action, die zudem eher spröde und uninspiriert inszeniert wirkt, ist der Film eine eher zähe Angelegenheit

Dass einen dieser Film trotz seiner realen Hintergründe so seltsam unberührt lässt, zeigt, wie wenig es Michele Placido und seinen sage und schreibe 5 Co-Autoren gelingt, sich jenseits der Formelhaftigkeit ähnlicher Werke zu bewegen. Man wird das Gefühl nicht los, dass Vallanzasca nicht viel mehr als ein reines Abziehbild vergangener Kinogangster ist. Und das ist für einen Gangster dieses Schlages , der es in den 1970ern in Italien zu einiger Berühmtheit brachte, dann doch erschreckend wenig. Lediglich wenn Michele Placido die Verhaftung Vallanzascas mittels Splitscreens in inszeniertes Geschehen und dokumentarisches Material aufteilt, sehen wir, dass dieser Mann mit den stechend blauen Augen an ein reales Vorbild angelehnt ist – zu spüren bekommt man das allerdings viel zu selten. Zudem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Regie dem Charme des Draufgängers ebenso erlegen ist wie seinerzeit die italienische Öffentlichkeit. Die Ambivalenz Vallanzascas und die Widersprüche seines Charakters geraten in diesem unentschlossenen Wechselspiel zwischen dramaturgischer Überhöhung und dem Anspruch auf ein historieches korrektes Aufarbeiten der Biographie des Gangsters unter die Räder.

Engel des Bösen - Die Geschichte eines Staatsfeindes

Schön, wenn ein Filmschaffender das Thema seines Lebens gefunden hat. Im Falle des Schauspielers und Regisseurs Michele Placido kann man dieses Thema auch eine Obsession nennen. Spätestens mit der Erfolg der Fernsehserie „Allein gegen die Mafia“, bei der er in den ersten vier Staffeln den unerschrockenen Polizist Corrado Cattani gab hat sich der Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Michele Placido immer wieder mit der strukturellen und organisierten Gewalt in seiner Heimat Italien auseinandergesetzt – das Ankämpfen gegen die Chimären des Verbrechens ist ihm eine Herzensangelegenheit geworden.
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