Elementarteilchen

Zwischen Swingerclub und Genlabor oder Houellebeq light

Bruno (Moritz Bleibtreu) und sein Halbbruder Michael (Christian Ulmen) könnten unterschiedlicher kaum sein: Während ersterer in seiner Profession als Lehrer wie besessen jedem Rock nachsteigt, lebt der zweite zölibatär und widmet seine Schaffenskraft der Reproduktion von menschlichem Erbgut, um die menschliche Fortpflanzung endgültig überflüssig zu machen. Gelegentlich trifft man sich auf ein Bier oder zwei, klagt sich gegenseitig das jeweilige Elend und geht wieder seiner Wege. Der Grund für die Unterschiedlichkeit ist denkbar einfach: Die beiden Männer sind unter jeweils anderen Umständen aufgewachsen und jagen nun dem nach, was sie bereits als Kinder erlernt haben. Dann aber treffen die beiden ihre Frau fürs Leben: Bruno stößt bei einem in einem Feriencamp auf Christiane (Martina Gedeck), die seine sexuellen Vorlieben teilt und mit ihm durch Bordelle und Swingerclubs streift Und Michael trifft seine frühere Freundin Annabelle (Franka Potente) wieder, die ihn mit über 30 endlich entjungfert. Die beiden träumen von Zweisamkeit und dem sicheren Hafen der Ehe, doch als Annabelle schwanger wird, erhält sie – quasi nebenbei – eine niederschmetternde Diagnose. Auch Christiane ist krank und ihr Glück mit Bruno ist nur von kurzer Dauer…
Trotz der großen Gefühle, die Oskar Roehler in Elementarteilchen auf die Leinwand bringt, lässt der Film den Zuschauer merkwürdig kalt. Es fehlt trotz der Orientierung an der Romanvorlage das für Houellebecq Typische, die Härte, das politisch Unkorrekte, die existenzielle Verzweiflung, die Ausweglosigkeit, merkwürdigerweise alles Attribute, die man Oskar Oehler durchaus zugetraut hatte. So spricht also vieles dafür, dass die Abschwächung der Romanvorlage und der damit verbundene Philosophie durchaus im Sinne des Regisseurs und seines Produzenten Bernd Eichinger war. Und tatsächlich deutete Roehler auf der Berlinale auch Ähnliches an. Zwar leistet die durch die Bank exquisite Darstellerriege (mit Ausnahme Christian UImens, der nicht so recht zu überzeugenn weiß) Beachtliches, doch wer das Buch kennt, wähnt sich oft genug im falschen Film. Niemals erreicht der Film die – allerdings umstrittenen – Qualitäten des Romans von Michel Houellebecq, jenen unvergleichlich misanthropisch-perversen Ekel vor allem und jedem, was freilich für den normal-deutschen Kinozuschauer auch zuviel des Guten auf der Kinoleinwand gewesen wäre. Ein weichgespülte und glattgebügelte Aufarbeitung von Elementarteilchen nimmt den Themen des Autors die Spitze und Brisanz und verflacht den Stoff auf das Niveau eines sexuellen Selbstfindungstrips. Als Unterhaltungskino durchaus goutierbar, wird Elementarteilchen allerdings dem Autoren Michel Houellebecq nicht gerecht.

Elementarteilchen

Bruno (Moritz Bleibtreu) und sein Halbbruder Michael (Christian Ulmen) könnten unterschiedlicher kaum sein.
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Meinungen

Matze · 20.10.2020

Ich habe den Roman mehrfach gelesen, und der Film schafft es nicht einmal eine Sekunde die von Houellebecq beschriebenen Stimmungen einzufangen und darzustellen. Ulmen eine so krasse Fehlbesetzung, wie man es selten in Romanverfilmungen erlebt. Einem attraktiven Schauspieler wie Bleibtreu nimmt man den verzweifelten, unbefriedigten Lehrer nicht ab. Potente spielt okay, Gedeck auch. Die Kernbotschaft des Buches - den Ersatz von Liebe und Beziehungen durch genetische Manipulation - scheint den Machern des Filmes nicht beachtenswert gewesen zu sein. Das Resultat ist keinen Deut besser als Rosamunde Pilcher Verfilmungen im ZDF. Schade um den Stoff... P.S. Habe ich schon erwähnt, dass Christian Ulmen dem Film das Sahnehäubchen der Lächerkichkeit und Unglaubwürdigkeit verleiht? Vielleicht merkt irgendwann mal jemand, dass der Typ kein Schauspieler ist...

Julien · 22.09.2007

Eigenartiger Film. Es gab Szenen, die ich wirklich gut fand, andere waren einfach nur grottig. Die Handlung fand ich nicht sonderlich intelligent und auch die Mischung aus Tragik und Komik, sowie Dramatik ist meiner Meinung nach ziemlich missglückt. Aber eines muss man dem Film schon zuschreiben. Nämlich eine Auswahl großartiger Schauspieler, allen voran Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck und Franka Potente. Deshalb war ich ja so schockiert, solche tollen Schauspieler in so einem "mittelklassigen" Film zu sehen. Einziger Lichtblick: Corinna Harfouch als Psychotzherapeutin.

T.S. · 13.04.2006

Gute Besetzung, das ändert aber leider nichts an der Qualität des Films. Spart Euch das Geld und kauft lieber das Buch oder geht in´s Theater.

jenoli · 05.04.2006

Wer der Meinung ist das dieser Film gut war hat das Buch nicht gelesen.Die Schauspieler wirken überhaupt nicht authentisch völlig daneben geraten ist die Figur Bruno der doch eigentlich pott hässlich sein sollte.Totale Katastrophe dieser film verdient kein Lob.Er ist einfach nur SCHLECHT

· 01.04.2006

Hoffnungslos depressiv und krank
Nur empfehlenswert wenn ich eigenen Leben kein Problem besteht und man eine solche Frohnatur ist, dass einem dieser Film nicht auf den Magen schlägt

Gast · 29.03.2006

Ich habe Elementarteilchen nicht gelesen, finde das aber nebensächlich, der Film wirkt zusammengestümpert, die Konflikte hanebüchener als in Marienhof, dazu diese unsägliche Musik, eine einzige Peinlichkeit von Anfang an, Ulmen nehme ich den Wissenschaftler nicht ab, so wie er überhaupt etwas hilflos und deplaziert in diesem Film wirkt, und Bleibtreu nie im Leben den sexbesessenen, oder den Lehrer oder den Schriftsteller oder den Verrückten.
Die einzig gute Szene war die mit Herbert Knaup.

Manuel · 17.03.2006

Also, Gérard Depardieu oder Daniel Auteuil in ihren besten Jahren hätte ich mir auch besser vorstellen können in diesen Rollen, die wahrhaftig nicht für deutsche Schauspieler geschaffen sind. Einzig Moritz Bleibtreu fand ich überzeugend. Dieser Film wirkt auf mich ansonsten geradezu dilettantisch, was die Atmosphäre angeht. Hat mich überhaupt nicht überzeugt.

Bergius · 15.03.2006

Der Film spielt im jahr 2005. Zu diesem Zeitpunkt ist Michael (einer der Protagonisten) etwas Mitte 30. Er ist demnach Anfang der 70´er Jahre geboren und müßte eigentlich seine Kindheit in dieser Zeit verbracht haben. Absolut unverständlich (oder besser dilettantisch) ist es deshalb, wieso seine Jugend und Pubertät (!) ebenfalls im in diesem Jahrzehnt angesiedelt sind. (Die gehörten, der Logik gehorchend natürlich in die 80´er) . Die Filmemacher haben (ich unterstelle des Effekts wegens, man denke an die Hippi-Mutter) ganze 10 Jahre vernachlässigt.
Spätestens von diesem Zeitpunkt an war mir die weitere (ohnehin holzschnittartige und Klischee-beladene Handlung) ziemlich egal.
Auch schauspielerisch (bis auf F. Potente) desaströs.
Ein Armutszeugnis!

Elli · 09.03.2006

gute Schauspieler, aber das wars auch.
Der Film besteht aus Aneinanderreihungen von Klischees gemischt mit Brutalitäten, als sei der Zuschauer nur in der Lage, ihn sozusagen mit der Holzhammermethode zu verstehen.Find ich billig. Mir sind Filme, die auf Zwischentöne ihre Betonung legen wesentlich lieber.

claudia k. · 09.03.2006

wer das buch kennt, wird enttäuscht sein. nix zu spüren von der tristesse francaise. sowas kann einfach kein DEUTSCHER verfilmen (schon gar keiner, der auf profit aus ist). schade. klasse buch, magere kinoumsetzung.

@Gast · 08.03.2006

Man MUSS den Film aber mit der Buchvorlage vergleichen.
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass hier mal wieder auf einen Zug aufgesprungen wurde, bei dem man sich erhoffte, dass man die zahlreiche Leserschaft von Houellebecq ins Kino bringen kann. Und ich hoffe, dass dieser Schachzug misslingt.

Oliver Brosmann · 08.03.2006

Nicht eines Oskar Roehler würdig, wie ich finde. Sehr fernsehkompatibel gemacht, was sicher an der Finanzierung liegt. Die Komplexität des Buches ist nicht erfasst, die Darsteller treten fast allesamt als Gäste und sie selbst auf. Ausnahme: Gedeck und auch ein wenig Bleibtreu. Ulmen, na ja. Da bleibe ich lieber bei "Agnes und seine Brüder" etc.

Gerda-Marie · 04.03.2006

Bleibtreu spielt gut, ansonsten beliebig.

· 01.03.2006

Der Film, an sich, ist wie ich finde ganz gut gelungen (von der obigen Rezession mal ganz abgesehen). Denn ich frage mich als jemand, der das Buch gelesen hat,wie man denn so manche Szenen in dem Buch hätte darstellen können und manch Kinobesucher, der das Buch nicht gelesen hat, klar machen soll, warum Houellebecq der Welt und allen Menschen in dem Buch eine unglaubiche hoffnungslosigkeit verleiht... Besonders weil man in dem Film nicht nur das Ende, sondern auch die Einstellung zu menschlichen Beziehnungen geändert hat und ihm somit Hoffnung und etwas "Schönes", auch wenn dieses "Schöne" bei weitem auch im Buch nicht unbedingt spürbar ist, verliehen hat mag ich diesen Film, aber natürlich nur als einzelnes, vom Buch unabhängiges "Kunstwerk", zu betrachten dass man nicht ständig mit einer grotesken, wie ich finde unverfilmbaren Buchvorlage, vergleichen sollte, auch wenn man wie ich Respekt vor diesem Buch hat und dieses ganz weit vorne im Bücherregal steht.

Johann · 22.02.2006

Drei deutsche Filme, die zum Teil in Swingerclubs spielen: "24/7 The Passion of Life", "Elementarteilchen" und "Swingerclub".
Ein neuer Trend?