Edge of Love - Was von der Liebe bleibt (2008)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ménage à trois mit vier Beteiligten

Künstler haben es John Maybury anscheinend angetan. Wobei sein Interesse vor allem solchen Persönlichkeiten gilt, die als Menschen erhebliche zwischenmenschliche Defizite aufwiesen. Bereits in seinem Film Love is the Devil (1998) zeichnete der Regisseur ein zwiespältiges Bild des Malers Francis Bacon. Und in seinem Werk Edge of Love – Was von der Liebe bleibt, das auf einem Drehbuch von Keira Knightleys Mutter Sharman Macdonald beruht, ist das nicht viel anders. Hierbei geht es um den berühmt-berüchtigten walisischen Dichter Dylan Thomas und eine Episode aus dessen Leben. Abgesehen von der nicht gerade neuen Erkenntnis, dass der Poet und Trunkenbold nebenbei noch ein ziemlicher Frauenheld und ein echtes Ekelpaket gewesen sein muss, weiß der Film dem Bild von Dylan Thomas außer Plattitüden über Bohèmiens nichts Wesentliches hinzuzufügen.

London im Jahre 1941: Während der „London Blitz“ über die Hauptstadt des britischen Königreiches rollt und das Leben der Menschen immer wieder von heftigen Luftangriffen erschüttert wird, kommt es in einer Bar zu einem zufälligen Wiedersehen: Die aus Wales stammende Sängerin Vera Phillips (Keira Knightley) trifft hier zufällig Dylan Thomas (Matthew Rhys) wieder, den sie seit gemeinsamen Kinder- und Jugendtagen kennt. Obwohl sich die beiden aus den Augen verloren hatten, ist der alte Zauber, die Seelenverwandtschaft, die die beiden miteinander verband, sofort wieder da. Ein tiefer Blick, einige Verse, gemeinsame Erinnerungen an unbeschwerte Tage – so einfach geht das. Umso größer ist das Erstaunen, als Dylan Vera seine Frau Caitlin (Sienna Miller) vorstellt. Doch auch das kann nichts an der Verbindung zwischen ihm und seiner Freundin aus vergangenen Tagen ändern, beschwört Dylan die Sängerin. Es ist, wir ahnen es bereits hier, der Beginn einer verhängnisvollen Konstellation. Denn Dylan ist ein unersättliches Monster, ständig pleite und wie ein egoistisches Kind vor allem auf seine eigenen Bedürfnisse aus – er will, dass alle Welt (und vor allem die Frauen) ihn lieben, bedingungslos.

Und so hat der Dichter keine Skrupel, sich kurzerhand in Veras kleinem Appartement einzunisten, als er und Caitlin wegen seinen Eskapaden aus der Wohnung seiner Schwägerin geworfen werden. Statt miteinander zu rivalisieren, entwickeln Caitlin und Vera ihre Zuneigung zueinander. Und als sich die attraktive Sängerin schließlich noch in den Soldaten William Kilick (Cilian Murphy) verliebt, der bald darauf in den Krieg ziehen muss, wird aus der sowieso schon schwierigen Dreier-Konstellation ein noch komplexeres Gebilde, das jeden der vier Beteiligten an den Rand des Erträglichen treibt. Die Rückkehr des schwer traumatisierten William, der inzwischen, ohne es zu wissen, Vater geworden ist, bringt schließlich das Fass zum Überlaufen…

Wäre nicht der schillernde Name und legendäre Ruf des Dichters Dylan Thomas, würde diese Geschichte, die lose auf einer verbürgten Episode des walisischen Poeten basiert, wohl kaum jemanden interessieren. Doch Edge of Love – Was von der Liebe bleibt taugt als Biopic über Dylan Thomas wenig – zu blass und unsympathisch bleibt der Dichter, zu unentschlossen scheinen sich die Drehbuchautorin und der Regisseur gewesen zu sein, wo der Fokus der Geschichte eigentlich liegt. Geht es um die Verbindung der beiden Frauen, die durch die Liebe zu Thomas das gleiche Schicksal erleiden? Oder steht die behauptete, aber nur schwer nachvollziehbare Seelenverwandtschaft zwischen Dylan Thomas und Vera Phillips im Mittelpunkt? Oder soll über die beiden Frauen ein bezeichnendes und ziemlich negatives Schlaglicht auf Dylan Thomas gesetzt werden? Letzten Endes verweigert der Film eine eindeutige Festlegung auf eine zentrale Geschichte und schwankt unentschlossen zwischen verschiedenen Facetten der Menage à trois mit vier Beteiligten hin und her.

Edge of Love – Was von der Liebe bleibt ist ein Film, der sich immer wieder in den Dekors und den Kostümen verliert, seine Darsteller aber nur selten im Griff hat. Während Cilian Murphy sich weitgehend darauf verlegt hat, die ganze Zeit über (und damit auch in jedem unpassenden Moment) möglichst hochmütig dreinzuschauen, wirkt Keira Knightley mit ausuferndem Mienenspiel nur in ganz wenigen Momenten authentisch und ist weit entfernt von ihren schauspielerischen Möglichkeiten. Auch Matthew Rhys als Ekelpaket hat darstellerisch wenig zu bieten und vermag es kaum, die ungeheure Anziehungskraft von Dylan Thomas auf die Frauen einigermaßen plausibel zu machen. Dass mit Sienna Miller ausgerechnet die Darstellerin für gleichwohl bescheidene Glanzlichter sorgt, die sonst eher durch Schlagzeilen abseits des Sets auffällt, wirft ein bezeichnendes Licht auf diesen Film, dessen eigentliche Sensation darin liegt, dass Keira Knightley auch singen kann. Ein entbehrenswerter Film.
 

Edge of Love - Was von der Liebe bleibt (2008)

Künstler haben es John Maybury anscheinend angetan. Wobei sein Interesse vor allem solchen Persönlichkeiten gilt, die als Menschen erhebliche zwischenmenschliche Defizite aufwiesen. Bereits in seinem Film Love is the Devil (1998) zeichnete der Regisseur ein zwiespältiges Bild des Malers Francis Bacon. Und in seinem Werk Edge of Love – Was von der Liebe bleibt, das auf einem Drehbuch von Keira Knightleys Mutter Sharman Macdonald beruht, ist das nicht viel anders.

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Meinungen

kinogängerin · 28.07.2009

ich empfand den film keineswegs als so negativ, wie er hier dargestellt wird. meiner meinung nach ist er durchaus sehenswert. auch keira knightley hat mir sehr gut in ihrer rolle gefallen.