Die Wolken von Sils Maria (2014)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Das Lachen der Binoche

Einen wunderbaren, ausschließlich von Frauen getragenen Film hat Olivier Assayas im Wettbewerb von Cannes vorgestellt. Der Sohn des berühmten französischen Regisseurs Jacques Rèmy und ehemaliger Filmkritiker der Zeitschrift Cahiers du Cinéma inszeniert Juliette Binoche und Kristen Stewart in einem intimen Portrait.

Maria (Juliette Binoche) ist eine Schauspielerin in ihren 40ern, die sich auf eine ganz besondere Rolle vorbereitet. Berühmt wurde sie zwanzig Jahre zuvor durch den Film „Maloja Snake“, in dem sie ein junges Mädchen spielt, dass eine ältere, verzweifelte Frau verführt und nach Strich und Faden ausnutzt. Dieses Mal wird ihr im Remake des Films die andere Rolle — die der älteren Frau — angeboten und damit gerät Maria in die Bedrängnis, sich mit ihrem eigenen Alter auseinanderzusetzen. Ihre ehemalige Rolle als junge Verführerin wird mit einem amerikanischen Starlet (Chloe Grace Moretz) besetzt. Maria zieht sich in das Haus ihres gerade verstorbenen Freundes und Entdeckers in die Schweiz zurück. Nur ihre Assistentin Val (Kirsten Stewart) ist bei ihr und kümmert sich in unfassbarer Perfektion um die Schauspielerin. Sie plant ihre Tage, ist ihre Sekretärin, Vertraute, spielt mit ihr die Rolle durch und ist quasi ihre Therapeutin.

Die Wolken von Sils Maria ist ein Metafilm, der sich permanent mit sich selbst beschäftigt und mittels seiner Hauptdarstellerinnen immer wieder selbst be- und hinterfragt. So spiegelt die Verführungsgeschichte aus „Maloja Snake“ auch die Beziehung zwischen Maria und ihrer Assistentin Val perfekt wider, die sich in einer sehr verzwickten Art Co-Abhängigkeit miteinander befinden, die durchaus auch sexuelle Untertöne hat. Val ist jung und wild und genau da wo Maria vor 20 Jahren war. Val liest in den Proben die Rolle des jungen Mädchens, die Dialoge des zwanzig Jahre alten Stückes passen perfekt auf die Situation. Doch es bleibt nicht bei dieser Vernetzung der Zeiten und Situationen: zwischen den Lesungen diskutieren die Frauen immer wieder über die Art der Interpretation und darüber wie der Text sich mit den Jahren (bzw. dem Alter) verändert.

Juliette Binoche und Kristen Stewart zuzusehen, macht wirklich unglaublich Spaß. Während Binoche formvollendet, klassisch und galant wie immer in sich ruht nur um dann im nächsten Augenblick einen wohl temperierten Gefühlsausbruch zu haben, ist Stewart ihr kratzig-lakonisches Gegenstück. Binoches entzückend natürliches Lachen paart sich mit Stewarts unergründlichen Blicken. Wahrlich, die beiden laufen zur Höchstform auf und genau hier entfaltet sich eine weitere Metaebene. Denn die Frauen spielen Charaktere, die eindeutige Anleihen in ihren eigenen Karrieren haben. So sinniert Binoche darüber ob sie zu klassisch (sprich langweilig) und zu europäisch ist, während Stewart sich ausführlich über Internet-Klatsch und das Arbeiten mit Genrefilmen als junges Starlet unterhält (nur, dass es Werwölfe, statt Twilight-Vampire sind). Regisseur Assayas legt einen wunderbar durchdachten, witzigen Film vor, der genau weiß, wo er sich innerhalb der Filmbranche zu verorten hat.

(Festivalkritik Cannes 2014 von Beatrice Behn)

Die Wolken von Sils Maria (2014)

Einen wunderbaren, ausschließlich von Frauen getragenen Film hat Olivier Assayas im Wettbewerb von Cannes vorgestellt. Der Sohn des berühmten französischen Regisseurs Jacques Rèmy und ehemaliger Filmkritiker der Zeitschrift „Cahiers du Cinéma“ inszeniert Juliette Binoche und Kristen Stewart in einem intimen Portrait.

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