Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Politisch und intelligent

Kaum ein Film im Deutschland der siebziger Jahre besaß so eine Sprengkraft und bildete so deutlich und direkt die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ab wie Volker Schlöndorffs und Margarete von Trottas Adaption des Romans von Heinrich Böll. Eine schonungslose Zeitanalyse, die so treffend war, dass der Film ein großer Festivalerfolg wurde und zahlreiche Preise abräumen konnte, so unter anderem den Deutschen Filmpreis 1976. Und zugleich war der Film auch – und das war neu – ein großer Erfolg an den Kinokassen, ein deutliches Zeichen für die tiefe Verunsicherung und das politische Klima der Radikalisierung und er unüberwindbaren Gegensätze, die dieses Jahrzehnt in der Bundesrepublik so prägten.

Die junge Haushälterin Katharina Blum (Angela Winkler) lernt während des Kölner Karnevals ein jungen Mann kennen, in den sie sich verliebt. Ludwig Götten (Jürgen Prochnow) ist ein Bundeswehrdeserteur und wird deshalb von der Polizei beobachtet. Katharina nimmt Götten bei sich auf und besorgt ihm einen Unterschlupf, für sie ein ganz normaler Akt der Liebe, doch die Staatsgewalt sieht das anders. Am nächsten Morgen stürmt ein Überfallkommando unter Leitung von Kommissar Beizmenne (Mario Adorf) ihre Wohnung und nimmt die verblüffte Katharina fest. Bei den darauffolgenden Verhören findet ihre Version der Wahrheit keinen Glauben, und die Presse, allen voran „Die Zeitung“ (unschwer als Bild-Zeitung zu erkennen), beginnen ein gnadenloses Kesseltreiben gegen die junge Frau. Der Reporter Tötges (Dieter Laser) recherchiert nach Material gegen die „linke Hure“ und manipuliert Aussagen von Katharinas Mutter in entwürdigender Form. Mehr und mehr wird Katharina Blum zur Ausgestoßenen und Geächteten, die keinen Rückhalt mehr findet. Als sie sich schließlich in ihrer Verzweiflung an Götten wendet, schlägt die Staatsgewalt erneut zu und verhaftet diesen. Denn auch Katharinas Telefon wird mittlerweile abgehört.

Auf diese Weise in die Enge getrieben, unternimmt die Frau einen letzten verzweifelten Schritt, um die Hexenjagd zu beenden. Sie bestellt Tötges in ihre Wohnung und versucht die Dinge klarzustellen. Doch als dieser beginnt, sie sexuell zu belästigen, erschießt sie ihn.

Trotz aller politischen Brisanz ist Die verlorene Ehre der Katharina Blum nicht nur einen Abrechnung mit dem politischen System und der unheiligen Allianz von Polizei, Justiz und Medien in der „Bleiernen Zeit“ der Siebziger, sondern auch die Studie einer Frau, die vollkommen unschuldig in die Mühlen der Terroristenhatz gerät. Ein emotional zutiefst bewegender Film, der zugleich ein kluges politisches Statement ist.

Die verlorene Ehre der Katharina Blum

Kaum ein Film im Deutschland der siebziger Jahre besaß so eine Sprengkraft und bildete so deutlich und direkt die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ab.

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Meinungen

Ralf Hofmann · 12.12.2007

Schade, dass heutzutage der Mut fehlt, sich offensiv gegen die Paparazzis auseinander zu setzen. Besonders der heutigen Medienlandschaft gehört schon lange wieder mal einen Denkzettel verpasst!!! Diese Literatur-
verfilmung nach Heinrich Böll tat das noch - und leider ist dieser Stoff scheinbar in Vergessenheit geraten.
Unbedingt empfehlenswert - auch als Unterrichtsstoff für die Schüler.

Carlo Gersdorff · 23.06.2006

... ich weiß nicht mehr wie alt ich war als dieser Film in den Kinos startete ... Aber, mein politisches Denken wurde mit diesem Film / Buch geweckt! Ich wankte zwischen erstaunen und Sprachlosigkeit. Das die brillianten Darsteller später auch noch zu meinen Lieblingsdarstellern wurden ... Angela Winkler habe ich mit diesem entdeckt ...