Die Nacht des Jägers

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 21. März 2011, ARTE, 20:15 Uhr

Ob in der Rolle als Rembrandt, als Glöckner von Notre Dame, als Gespenst von Canterville oder als König Heinrich VIII.(Das Privatleben Heinrichs VIII., 1933), wofür er mit dem Oscar ausgezeichnet wurde: Der britisch-amerikannische Schauspieler Charles Laughton (1899-1962) war ein Charakterdarsteller der ersten Garde, dessen charismatische Auftritte von den späten 1920er bis zu den frühen 1960er Jahren noch heute Kritiker wie Publikum begeistern. Bei einem einzigen Film hat dieser Akteur mit Leib und Seele Regie geführt: In dem beklemmenden Thriller Die Nacht des Jägers von 1955 nach dem gleichnamigen Roman von Davis Grubb.
Dass dieser Mann ein verschlagener Bösewicht ist, der skrupellos und heimtückisch seine Ziele verfolgt, daran lässt die Dramaturgie dieses düsteren Schwarzweißfilms von Anfang an keinen Zweifel: Der Kriminelle Harry Powell (Robert Mitchum) sucht nach seiner Freilassung als vermeintlicher Gefängnisgeistlicher die verwitwete Familie seines hingerichteten Zellengenossen Ben Harper (Peter Graves) auf, um sich ihr Vertrauen zu erschleichen. Aus gutem Grund, denn Harper hat vor seiner Verhaftung die Beute aus einem Raubmord versteckt, und diese zehntausend Dollar will Powell sich nun abgreifen.

Es gelingt dem gerissenen Gauner tatsächlich, als vorgeblich sorgsamer Priester die Witwe Willa Harper (Shelley Winters) zu heiraten und sich in ihrem Umfeld ein einflussreiches Ansehen zu erschwätzen, doch vor ihren Kindern Pearl (Sally Jane Bruce) und John (Billy Chapin), die als einzige wissen, wo das Geld versteckt ist, zeigt Powell auf grausame Weise sein wahres Gesicht. Als Willa Verdacht schöpft und von ihrem Ehemann kurzerhand erstochen wird, sind Pearl und John dem brutalen Mann schutzlos ausgeliefert, und als sie fliehen, heftet sich Powell an ihre Fersen, nun zum Äußersten bereit …

Stellte Die Nacht des Jägers bei seinem Erscheinen im Jahre 1955 auch einen wenig beachteten kommerziellen Misserfolg dar, zählt dieser meisterhaft inszenierte Horrorthriller mittlerweile zu den Filmkunstklassikern seines Genres und wurde 1992 in das National Film Registry aufgenommen. Die Atmosphäre der Beklemmung und des Grauens, die Kameramann Stanley Cortez mit seinen schaurig-schönen Bildern effektvoll zu installieren versteht, packt den Zuschauer gnadenlos auf so subtile Art und Weise, dass ein unentrinnbarer Sog von Spannung entsteht, die sich geschickt dosiert immer wieder neu aufbaut.

Der Mann, auf dessen Fingern „Love“ und „Hate“ tätowiert ist, der durch seinen beinahe hypnotischen Singsang zutiefst beängstigt und dessen manipulative Qualitäten ein Gefühl der Ohnmacht auszulösen vermögen, wird unsagbar markant von Robert Mitchum verkörpert, dem ein ebenso ungeheuer überzeugend agierendes Ensemble von Profis und Laien an die Seite gestellt ist. Über seine Wirkung als schockierender Thriller hinaus gelingt es dem Film in beeindruckender Form, zwielichtige Aspekte von Religiösität und Moral an den Pranger zu stellen, die ein heftiges Unbehagen vermitteln, das Die Nacht des Jägers zu einer zynischen Parabel mit schwelenden existentiellen Motiven geraten lässt.

Die Nacht des Jägers

Ob in der Rolle als „Rembrandt“, als „Glöckner von Notre Dame“, als „Gespenst von Canterville“ oder als König Heinrich VIII. („Das Privatleben Heinrichs VIII.“, 1933), wofür er mit dem Oscar ausgezeichnet wurde: Der britisch-amerikannische Schauspieler Charles Laughton (1899-1962) war ein Charakterdarsteller der ersten Garde, dessen charismatische Auftritte von den späten 1920er bis zu den frühen 1960er Jahren noch heute Kritiker wie Publikum begeistern.
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