Die große Verführung

Ausgerechnet Kanada!

Einst konnten die 120 Einwohner der kleinen Insel Sainte-Marie-La-Mauderne im Golf von St. Lorenz in Kanada gut von der Fischerei leben, doch seitdem die Fischgründe erschöpft sind, steht es schlecht um die Bewohner. Sie leben allesamt von der Stütze — mit Ausnahme weniger Privilegierter. Der einzige Freudentag auf dem vom wirtschaftlichen Aufschwung verschonten Fleckchen Erde ist jener Tag im Monat, wenn die Schecks mit der Sozialhilfe kommen. Kein Wunder aber, dass jene Bewohner, die einen Job auf dem Festland ergattern können, nicht zögern wegzugehen. Doch dann naht unvermutet Rettung für die geplagten Insulaner, denn ein Unternehmen überlegt, eine Fabrik anzusiedeln und damit die gesamte Einwohnerschaft in Lohn und Brot zu nehmen. Allerdings hat das wunderbare Angebot einen Haken: Ein Arzt muss her, so die Forderung der Firmenleitung.

Unter Führung des pfiffigen Germain (Raymond Bouchard), dessen Frau ebenfalls lieber heute als morgen abhauen möchte, initiieren die Insulaner eine Werbekampagne, um einen ahnungslosen Arzt auf die Insel zu locken und finden diesen schließlich ausgerechnet im jungen und smarten Schönheitschirurgen Dr. Christopher Lewis (David Boutin), der sich bereit erklärt, eine einmonatige Probezeit auf dem Eiland zu absolvieren. Flugs wird der Gute fortan abgehört und ausspioniert, um möglichst viel dafür zu tun, dass der Hoffnungsträger sich zum Bleiben entschließt. Und Germain und seine Verschwörer setzen Himmel und Hölle in Bewegung, um den Doc zu überzeugen.

Dr. Lewis ist ein Kricketfan? Kein Problem – eilig wird ein Team zusammengestellt, das freilich seine liebe Mühe mit dem komplexen Regelwerk hat. Dr. Lewis steht auf Frauenfüße? Dann müssen eben alle Frauen auf der Insel barfuss laufen, ob sie wollen oder nicht. Und ein genaues Studium medizinischer Fachliteratur soll den beruflichen Ehrgeiz des Docs wecken, ganz abgesehen von den emotionalen Verwicklungen, in die die Insulaner den Arzt verstricken. Dass das auf Dauer nicht gut gehen kann und der ganze groß angelegte Schwindel irgendwann auffliegt, ist klar. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt in Sainte-Marie-La-Mauderne…

Ach, gäbe es doch solche Sozialkomödien hierzulande. Die Art und Weise, wie der Regisseur Jean-Francois Pouliot und sein Drehbuchautor Ken Scott das eigentliche heikle Thema der Arbeitslosigkeit angehen, hat Witz, Klasse und Charme und steht – obgleich der Film aus dem französischsprachigen Teil Kanadas stammt – in bester britischer Tradition. Behutsam und quasi nebenbei erzählt der Film auch vom Verlust der Würde durch das Hängenbleiben im sozialen Netz und wie die Insulaner diese schließlich wieder erlangen.

In Kanada war der Film einer der großen Hits des letzten Jahres und erreichte mehr als eine Million Zuschauer in den Kinos. Wer sich ein wenig in der Fernsehgeschichte der frühen Neunziger auskennt, fühlt sich zurecht an die ausgezeichnete Fernsehserie Northern Exposure (Ausgerechnet Alaska) erinnert, in der es einen jungen aufstrebenden Yuppie-Arzt in den rauen Norden verschlägt. Kein Handlungsmodell für siechende ostdeutschen Kommunen, aber ein ziemlich amüsanter Film über ein ernstes Thema. Herr Hartz, bitte übernehmen Sie!

Die große Verführung

Einst konnten die 120 Einwohner der kleinen Insel Sainte-Marie-La-Mauderne im Golf von St. Lorenz in Kanada gut von der Fischerei leben, doch seitdem die Fischgründe erschöpft sind, steht es schlecht um die Bewohner.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Rolf Eckstein · 13.12.2009

Großartiger Humor. So etwas braucht die Menschheit. Erinnert an "Ned Devine".