Die erste Vorstellung

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mittwoch, 9. Dezember 2009, ARTE, 23:25 Uhr

Die Theaterschauspielerin Myrtle Gordon (Gena Rowlands) ist ein Star mit großartigem Talent, der nicht zuletzt durch eine divenhaften Persönlichkeit sein Publikum fasziniert. Die Proben zu ihrem neusten Stück „The Second Woman“ der betagten Autorin Sarah Goode (Joan Blondell), in dem diese das konfliktreiche Älterwerden einer attraktiven Frau dramatisiert, sind bereits tüchtig und Erfolg versprechend fortgeschritten, als Myrtle in eine heftige persönliche Krise stürzt, während die Premiere am Broadway unaufhaltsam näher rückt.
Die erste Vorstellung des eigensinnigen US-amerikanischen Filmemachers John Cassavetes aus dem Jahre 1977 stellt ein dichtes Spiel mit dem Schauspiel auf mehreren Ebenen dar, das den Zuschauer in sein geschickt konstruiertes Geflecht von Theater, Film, Fiktion und der Welt dahinter zieht. Der Regisseur und Drehbuchautor John Cassavetes (Maurice Aarons) betritt in der Rolle des ehemaligen Geliebten und aktuellen Bühnenpartners von Myrtle selbst sein Ensemble an der Seite seiner Gattin Gena Rowlands, die hier mit Bravour die extremen Facetten dieses starken, unwegsamen Frauencharakters verkörpert.

Vom Tod einer jungen Verehrerin (Laura Johnson) schockiert, die hinter ihrem Wagen herlief und dabei verunglückte, versinkt Myrtle in Erinnerungen an ihre eigene Jugend und quälende Selbstzweifel, während sie sich auf der Bühne wachsend ihrer Rolle als letztlich resignative ältere Frau mit all den dargestellten Demütigungen verweigert. Die Unruhe vor und hinter den Kulissen des Stückes, das teilweise bereits vor Publikum geprobt wird, steigt unvermeidlich an, zumal es auch unter den Darstellern zu privaten Spannungen kommt. Myrtle beginnt unter beängstigenden Wahrnehmungsattacken zu leiden und erscheint immer häufiger alkoholisiert bei den Proben, doch Regisseur Manny Victor (Ben Gazzara) und die gesamte Crew sind bereit, bei allem beide Augen zuzudrücken, wenn nur die Premiere nicht scheitert…

Mit schwer ergründbarer Tiefgründigkeit hat John Cassavetes hier eine unpathetische und nichtsdestotrotz bewegende Liebeserklärung an seine Frau Gena Rowlands und an das Schauspiel an sich in seiner ursprünglichen Form des Theaters inszeniert. So intensiv die Figuren auch gezeichnet sind, entziehen sie sich im Verlauf der Dramaturgie immer wieder den gefälligen Entwicklungen und erschaffen damit einen imaginären Raum der Souveränität, der auf elegante Art eine zusätzliche Dimension des Cassavetes-Universums gebiert, die sich jedoch nur dezent dem Zuschauer offenbart. Die erste Vorstellung lief 1978 im Wettbewerb der Berlinale und wurde für Gena Rowlands als Beste Darstellerin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet sowie mit dem Otto-Dibelius-Filmpreis der internationalen kirchlichen Filmorganisation Interfilm prämiert. Auch wenn sich die gleichermaßen ambivalenten wie ansprechenden Aspekte in seiner künstlerischen Gestaltung und dem eindrucksvollen, unsagbar authentisch erscheinenden Spiel der Akteure ausmachen lassen, fasziniert dieser schonungslose Film doch vor allem auf Grund seiner kaum fassbaren komplexen Struktur, die geradezu gegen die Analyse ihrer Geheimnisse zu rebellieren scheint.

Die erste Vorstellung

Die Theaterschauspielerin Myrtle Gordon (Gena Rowlands) ist ein Star mit großartigem Talent, der nicht zuletzt durch eine divenhaften Persönlichkeit sein Publikum fasziniert. Die Proben zu ihrem neusten Stück „The Second Woman“ der betagten Autorin Sarah Goode (Joan Blondell), in dem diese das konfliktreiche Älterwerden einer attraktiven Frau dramatisiert, sind bereits tüchtig und Erfolg versprechend fortgeschritten, als Myrtle in eine heftige persönliche Krise stürzt, während die Premiere am Broadway unaufhaltsam näher rückt.
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