Delicatessen (1991)

Donnerstag, 14.04.2005, 3sat, 22:25 Uhr

Manchmal ist so ein TV-Tipp der Woche eine einfache Nummer und noch dazu eine durchaus sichere. So auch in diesem Fall, denn Delicatessen ist nun wirklich der Arthouse-Film der Neunziger, auf den sich weite Teile einigen können. Hinreichend schräg, um aus der Masse herauszuragen und hinreichend charmant und très francais, um nicht allzu sehr zu erschrecken. Konsens-Kino der besseren Sorte also.

Inmitten einer seltsam heruntergekommenen Stadt, wohl irgendwann in einer nicht allzu fernen Zukunft, steht ein Haus inmitten einer Trümmerwüste. Der arbeitslose Musikclown Louison bewirbt sich beim Hausinhaber und Metzgereibesitzer Clapet (Jean-Claude Dreyfus) beim Anblick des charmanten Kerls bereits die Messer wetzt, denn in den mageren Zeiten, die gerade herrschen, ist gutes Fleisch Mangelware, und der Fleischer hat sich darauf verlegt, seine verehrte Kundschaft mit Menschenfleisch zu versorgen. Doch ausgerechnet das ebenso kurzsichtige wie musikalische Töchterlein des brutalen Schlächters verfällt dem kauzigen Charme des Fremdlings und versucht mit aller Macht zu verhindern, dass Louison ebenso wie seine Vorgänger verwurstet wird. Und zu guter Letzt sorgt noch eine Truppe vegetarischer Untergrundkämpfer dafür, dass die beiden Liebenden am Schluss ein Herz zerreißendes Duo auf dem Dach mit Cello und singender Säge zum Besten geben können.

Delicatessen ist ein ebenso poetisches wie brüllend komisches und melancholisches Gemisch aus Märchen, Horrorfilm und Komödie, das zwar in der Zukunft spielt, aber trotzdem so nostalgisch und retro wirkt wie mancher Film von Jacques Tati oder Jean Renoir. Voller bizarrer Einfälle und äußerst schräger Figuren erschufen die beiden ehemaligen Werbefilmer Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro ein ganz eigenes Universum, in dem es düster und grausam, aber auch überbordend phantasievoll und verblüffend respektlos zur Sache geht. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Denn die beiden handeln nicht nur Kannibalismus und die Mechanik des Geschlechtsaktes (untermalt vom hämmernden Beat eines Metronoms, bei dessen Rhythmus wirklich jeder mit muss) mit leichter Hand ab, sondern machen sich noch ganz nebenbei über die Todessehnsüchte von Aurore Interligator lustig, die immer wieder versucht, aus dem Leben zu scheiden, während um sie herum die Menschen wie die Fliegen sterben. Nach dem zweiten gemeinsamen Film Die Stadt der verlorenen Kinder trennten sich die Wege der beide Filmemacher: Jean-Pierre Jeunet ist dem damals gefundenen Stil mehr oder weniger treu geblieben und feierte nach einem kurzen Ausflug nach Hollywood (Alien – Die Wiedergeburt, 1997) mit Die wunderbare Welt der Amélie 2001 einen Riesenerfolg, den er in diesem Jahr in etwas kleinerem Maßstab mit Mathilde – Eine große Liebe fortsetzte. Um Marc Caro hingegen ist es still geworden. Doch mit der Co-Regie von Delicatessen hat er sich seinen Platz auf dem Olymp des europäischen Arthouse-Films gesichert.

Delicatessen (1991)

Manchmal ist so ein TV-Tipp der Woche eine einfache Nummer und noch dazu eine durchaus sichere. So auch in diesem Fall, denn Delicatessen ist nun wirklich der Arthouse-Film der Neunziger, auf den sich weite Teile einigen können.

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Meinungen

· 14.04.2005

Ein wunderbarer Film, auch optisch und musikalisch ein Genuß!