Das Wochenende

Familienterror

Inga ist angekommen in der Welt. Sie organisiert literarische Lesungen, ihr Mann Ulrich besitzt die beste Confiserie in der Stadt und engagiert sich ehrenamtlich sozial; man tut, was man kann, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Dann erreicht sie die Nachricht: Jens kommt raus. Der Mann, mit dem Inga nichts mehr zu tun haben wollte, wird aus der Haft entlassen, und sie ist eingeladen zu einem Wochenende auf dem Land, eine Art Familienzusammenkunft nach 18 Jahren. 18 Jahre: Die Vergangenheit holt sie ein, Jens war ihre große Liebe, Vater ihres Sohnes und RAF-Terrorist. Nun treffen sie wieder aufeinander, Inga, Jens, seine Geschwister Tina und Henner. Alle mit Bruch in ihrer Lebensgeschichte; außer Jens, der die alten Ideale richtig und gut findet und auch den Weg der terroristischen Gewalt, den er eingeschlagen hat.
Die RAF-Vergangenheit zu bewältigen ist nach den vielfachen filmischen Verarbeitungen von Drittem Reich und Holocaust das nächste große Polithistorienprojekt der deutschen Kinematographie. Anders als bei den Nazis waren die Ziele, der Idealismus der Linksterroristen so falsch nicht; das ist die große Chance für den Film, seine Kraft der Differenzierung, der Komplexität im Erzählen mit Bildern und Charakteren zu zeigen. Nina Grosse stellt in Das Wochenende die Positionen – Killer oder Weltverbesserer? – gegenüber, Positionen, die sich in den einzelnen Lebenswegen der Protagonisten finden: Die nun konfrontiert sind mit einem Relikt, mit einem Revolutionär, wie sie selbst welche waren.

An einem Wochenende bricht das wieder auf, wenn Jens zu wissen begehrt, wer ihn damals in seinem Unterschlupf in der konspirativen Wohnung verraten hat; wenn seine Geschwister und die frühere Geliebte ihm gegenüberstehen, dessen Leben 18 Jahre lang nicht weitergegangen ist, sich nicht wesentlich verändert hat. Ein solcher Film in seiner Verdichtung von Konflikten und Bruchlinien steht und fällt mit seinen Darstellern; Nina Grosse kann ein großes Ensemble aufbieten, mit Sebastian Koch als noch immer überzeugter und dementsprechend selbstgerechter Ex-Terrorist, Katja Riemann als in sich zerrissene frühere Geliebte, Tobias Moretti und Sylvester Groth; bis hin zu Robert Gwisdek als verachtungsvoller Sohn Gregor, für den sich Jens nie interessiert hat.

Gefilmt natürlich mit höchster Könnerschaft – Kamera: Benedikt Neuenfels –, mit geschickten dramatischen Steigerungen, durch neue Informationen und stetige Vertiefung der Charaktere, auch durch die Ankunft von Doro, der 18jährigen Tochter von Inga und Ulrich, naiv und fasziniert von einem echten Terroristen, und Gregor, dem Sohn von Jens und Inga, der provozierend seine Aggressionen ablädt. So stellen sich die Fragen, inwieweit die RAFler bloße Killer waren, inwieweit der Terrorismus die Welt, die Gesellschaft weitergebracht haben; inwieweit sie Recht hatten angesichts der derzeitigen Krise des Kapitalismus.

Doch letztendlich ist der Film dramaturgisch doch zu glatt geraten, bei aller handwerklichen Qualität und ausgewogenen Diskursivität. Die inneren Konflikte entladen sich zuwenig in äußerer Handlung, zu sehr flacht der Film gegen Ende in eine etwas träge Fernsehdramaturgie ab: Einerseits überstürzt spielt er mit einem Verschwinden von Jens, um ihm dann eine Liebesnacht nach der langen Haft zu gönnen; andererseits zeigt sich gerade darin, dass noch mehr drin gewesen wäre in den Charakteren, in der Konstellation, im Zusammen- und Gegeneinanderspiel.

Am Ende löst sich etwas; aber dieses Losgelöste ist keine Lösung.

(Festivalkritik Hofer Filmtage 2012 von Harald Mühlbeyer)

Das Wochenende

Inga ist angekommen in der Welt. Sie organisiert literarische Lesungen, ihr Mann Ulrich besitzt die beste Confiserie in der Stadt und engagiert sich ehrenamtlich sozial; man tut, was man kann, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Dann erreicht sie die Nachricht: Jens kommt raus. Der Mann, mit dem Inga nichts mehr zu tun haben wollte, wird aus der Haft entlassen, und sie ist eingeladen zu einem Wochenende auf dem Land, eine Art Familienzusammenkunft nach 18 Jahren.
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Meinungen

Mops · 18.04.2013

da gehe ich lieber nicht in diesen Film!

Harald · 10.04.2013

Ein unerträglicher Film. Sebastian Koch mit genau einem Gesichtsausdruck, Handlung null, nahezu alle Charaktere abstoßend.
Läuft gerade in einer Sneak Preview, ich habe nach 45 quälenden Minuten die Flucht ergriffen.

Henno · 28.03.2013

Leider ein völlig unglaubwürdiges, am Reißbrett zusammengebautes Drama, dass vielleicht in Romanform funktioniert, als Film allerdings ein für den Zuschauer äußerst distanziertes Kunstprodukt darstellt. Warum müssen eigentlich so viele Filme dieser Art im Kino landen. Im TV ist dieser von Dramaturgie, Szenerie und Machart wesentlich besser aufgehoben.