Das Schmuckstück

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Eine Hausfrau unter Einfluss

Suzanne Pujol (Catherine Deneuve) hat ein überaus angenehmes Leben. Ihr Mann leitet die Regenschirmfabrik ihres Vaters, die Kinder sind längst aus dem Haus und um den Haushalt kümmert sich das portugiesische Personal. Es ist ein wahres Luxusleben zwischen Juwelen und Pelzmänteln. Suzanne schreibt gerne Gedichte und begnügt sich völlig damit, die Frau an der Seite ihres Mannes zu sein. Als dieser jedoch von den streikenden Arbeitern festgenommen wird, muss Suzanne die Fabrik in Abwesenheit ihres Mannes leiten. Ein Job, der ihr zunehmends gefällt und durch den sie aus dem Hausfrauenalltag entkommt.
Francois Ozon hat die Geschichte seines vergnüglichen und unterhaltsamen Films Das Schmuckstück im Frankreich der 1970er Jahre angesiedelt. Das nutzt der Regisseur, der seit Jahren als Regiewunderkind gefeiert wird, um sich den Moden dieser Zeit anzunehmen. Deshalb ist Das Schmuckstück zunächst einmal ein Film, der durch seinen grellen Look besticht. Die 1970er Jahre – das sind hier in erster Linie fürchterliche braune Blumentapeten, blutrote Mäntel und haarspraygestählte Föhnfrisuren. Das obsessive Ausgestalten seines Films mit diversen Pastelltönen evoziiert Ozons Musical 8 Frauen. Man kann daher nicht unbedingt sagen, dass Ozon hier ein getreues Abbild jener Zeit liefert. Ihm ist das Absurde und Künstliche viel wichtiger. Auch visuell bedient sich Ozon Elementen, die im Kino der 1970er Jahre vorherrschend waren. Splitscreen-Spielereien, sanfte Close-Up-Einstellungen und Kreisblenden prägen daher die Geschichte einer Dame, die sich vom trostlosen Hausmuttchen zu einer emanzipierten Powerfrau entwickelt.

Dabei ist Das Schmuckstück die ultimative Bühne für Catherine Deneuve, die wiedereinmal eine Sternstunde ihrer Karriere abliefert und allen beweist, dass sie immer noch die Grand Dame des europäischen Kinos ist. In der Tat ist es schwer vorstellbar, ob eine andere Darstellerin die Rolle der Suzanne so selbstbewusst und stilsicher verkörpern könnte. Suzanne ist eine Frau, die sich ihres bourgeoisen Gesellschaftsstatus durchaus bewusst ist. Sie liebt ihre Kleider, den Schmuck, ihr morgendliches Jogging und ihre Hobbypoesie. Doch als sie die Fabrik ihres Vaters leitet, merkt sie, dass sie dann doch einen gewissen Grad an Freiheit in ihrem Leben vermisst. Das klingt zunächst fürchterlich nach einem klassischen Emanzipationsfilm.

Doch Ozon wäre nicht Ozon, wenn er genau diesen Umstand bewusst in den Mittelpunkt stellt, um ihn schlicht und einfach auszulachen. Denn mit der Emanzipation von ihrem Mann und ihrem bisherigem Alltag, schmeißt Deneuve nicht ihre gesellschaftlichen Status über Bord. Sie trägt weiterhin das teuerste Make-Up und tödlich hohe Pumps. Sie sieht es nicht ein, warum jemand der sich Yachten und Ferienhäuser auf dem Lande leisten kann, nicht auch für die Belange der Arbeiter eintreten kann. Damit ist sie das genaue Gegenbild zu der Figur des Bürgermeister, die in Das Schmuckstück von Gérard Depardieu gespielt wird. Er war ein Bauernjunge, der sich dazu entschloss in die Politik zu wechseln. Er gab seine Herkunft auf, um – so sieht er es jedenfalls – den Arbeitern zu helfen. Doch das Ansehen bei der Bevölkerung, die turbulenten politischen Zeiten im Frankreich der 1970er Jahre und die Bilder mit US-Präsident Nixon, die in seiner Wohnung hängen, sprechen eine andere Sprache. Und natürlich verbindet ihn mit Suzanne eine intimere Beziehung.

Francois Ozon beweist mit Das Schmuckstück, dass er mit jedem Film radikal den Stil ändert. Nachdem er beispielsweise mit Ricky dokumentarische und fantastische Elemente miteinander verwoben hat, entflieht er nun in eine vollkommen künstliche Welt. Dass ihm dieser Wechsel regelmäßig gelingt, ohne dabei jemals zum puren Selbstzweck zu verkommen macht aus Ozon immer noch einen der interessantesten Regisseure, die wir in Europa haben.

Das Schmuckstück

Suzanne Pujol (Catherine Deneuve) hat ein überaus angenehmes Leben. Ihr Mann leitet die Regenschirmfabrik ihres Vaters, die Kinder sind längst aus dem Haus und um den Haushalt kümmert sich das portugiesische Personal. Es ist ein wahres Luxusleben zwischen Juwelen und Pelzmänteln. Suzanne schreibt gerne Gedichte und begnügt sich völlig damit, die Frau an der Seite ihres Mannes zu sein.
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Meinungen

Martin Zopick · 22.10.2023

Francois Ozon hat eine erfrischende Emanzipationskomödie gemacht und das zugrunde liegende Theaterstück ganz auf Catherine Deneuve als Madame Pujol zugeschnitten. Neben ihr sorgen zwei Superstars Gérard Depardieu als Bürgermeister Babin und Fabrice Luchini als Monsieur Pujol für genügend ernsthafte Komik, die bisweilen italienische Ausmaße annimmt. Sie werden vom darstellerischen Umfeld u.a. mit Karin Viard (Nadège) und Judith Godrèche (Tochter Joelle) voll unterstützt.
Madame Pujol mausert sich von einem echten Schmuckstück (Originaltitel), das für Enkel, Garten und Gedichte lebt, zu einer erfolgreichen Managerin, die als Krönung sogar den Weg in die Politik schafft. Ihr Ehemann wird zum neuen Schmuckstück. Der schwungvolle Witz und besonders der Charme der Deneuve überdecken die Klischees und machen sie erträglich. Für Insider enthält die Rolle des reaktionären Monsieur Pujol Elemente, die auf Sarkozy hinweisen. (‘Wenn die Arbeiter mehr Geld wollen, sollen sie auch mehr arbeiten.‘)
Die Verneigung vor der Deneuve enthält nicht nur durch ihre an sich seltene Gesangseinlage, sondern auch durch die Tatsache, dass ihre Fabrik ‘Regenschirme‘ produziert, liebevolle Hinweise an ihren Karrierebeginn in Cherbourg. Ihre deutsche Synchronstimme stammt von Senta Berger.
Romantische Retros, als Madame noch etwas mit dem Bürgermeister hatte, sowie Vermutungen über ein gemeinsames Kind, verschönern die französische Note. Auch der Spagat zwischen Business und Familienstrategie, Aufsichtsratsmehrheit und Streik bleibt stets leicht und locker. Amüsante Unterhaltung mit Niveau.

Gerlind · 01.06.2023

Unterhaltsam, lustig, gefühlvoll, charmant, dem Leben abgelauscht.Hauptdarsteller* in Spitze wie immer. Auch Senta Berger , dieses Mal Sprecherin der Deneuve, mit ihrer wunderbaren Stimme..

jean · 12.07.2011

Absolut Klasse Film!! Hab mich schlapp gelacht. Nicht nur vor Witz sprühend finde ich den "70er-Retro-Look" gut gelungen. Die Tapeten, die Autos....wirklich gut durchgestiled.
Eine analoge Kamera oder etwas mehr 70er Kontrast und Farbsättigung hätten den Film noch das letzte Sahnehäubchen gegeben.
Sehr zu empfehlen dieser Film..

suni montanus · 20.06.2011

Wo bitte läuft der Film: Das Schmuckstück?
So um Butzbach, Lich, Friedberg, Bad Nauheim herum?

indian summer · 11.06.2011

Genialer Film!

Allerdings muß man sich auf ihn einlassen, er ist deutlich langsamer und atmosphärischer als die heute üblichen Filme, er transportiert damit auch filmisch die Zeit, in der er spielt.

In einem Interview erzählte der Regisseur, das ihm von einer weiblichen Abgeordneten gratuliert wurde zu einem gelungenem Emanzipationsfilm und er erst gar nicht wußte, wie ihm geschah, da dies gar nicht in seiner Absicht lag.
Und vielleicht ist genau dies die Stärke des Films, das nicht dogmatisch oder verbissen der Weg einer Frau gezeigt wird, die sich ihren Platz in der Arbeitswelt erkämpfen muß. Es wird dagegen, der Weg einer Fabrikantengattin gezeigt, die durch gewisse Umstände erst merkt, welche Fähigkeiten in ihr stecken und die sich dann auch traut ihren Weg zu gehen.
Es geht also mehr um den Wandel der Persönlichkeit der Hauptfigur durch äußere Umstände, und diese Hauptfigur ist nun mehr eine nicht mehr ganz junge Frau, der eigentlich nur noch die Rolle als Zierde ihres Mannes zugedacht scheint.

Catherine Deneuve spielt diese Frau und ihre Wandlung grandios. Ein absoluter Wohlfühlfilm, wobei Frauen diesen Film bestimmt mehr genießen können! ;-)

Burt · 04.06.2011

Ist doch ein witziger, unterhaltsamer, charmanter Film - muss man von der Handlung nicht sonderlich ernst nehmen ...

rohden16 · 30.05.2011

ärgerlicher Film, vorhersehbare Handlung, aseptische Deneuve

chrissi · 10.04.2011

na,so schlimm war der film ja nun nicht,einige stellen waren recht lustig,es gab schon schlechtere filme.

klaus kl · 26.03.2011

hallo. ich würde dem film einig oskars geben. schlechtester film, drehbuch und darsteller. Eine Schande nach den zwei letzten super filmen mit Gérard Depardieu. Schlechte Dialoge. Kann mich meinem Vorredner nur anschliessen. Der Trailer zeigt die besten stellen. Aber das Schlosstheater ist trotzdem immer noch ein Besuch wert. 8 Euro für den Film rausgeschmissen.

Peter Apel · 25.03.2011

Trivial, schlecht gespielt, Kämpfe von vorgestern und Gags aus der Trailer-Klamotte. Nur ärgerlich.

Anne Rensing · 07.11.2010

Ich kam in Rom aus dem Kino: Potiche. Dabei war ich eher in irgendeinem Kaff auf einer Laien-Theaterauffuehrung gewesen: rechts eine Tuer, links eine Tuer, Treppe, ein Sofa in der Mitte. Artig einer nach dem anderen warten die Laien auf ihre Einsatz. Die waeren wenigstens lustig um ihrer selbst willen gewesen. Bei der steifen, uralt wirkenden Deneuve habe ich fast weinend an Mastroianni denken muessen,
wie der beim Striptees der Loren wiehern musste, die Armen! Gruselig, sterbenslangweilig, trueb, schlecht- schnell vergessen!