Cindy liebt mich nicht

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Die doppelte Maria

Maria ist eine ungewöhnliche Frau. Mit ihrer überraschend direkten Art treibt sie die Männer in die Defensive und lockt sie zugleich aus der Reserve. Das führt zu einer ebenso witzigen wie hintersinnigen Dreiecksbeziehung. Mit leichter Hand verfilmt Hannah Schweier in ihrem Langfilmdebüt den Roman Cindy liebt mich nicht von Jochen-Martin Gutsch und Juan Moreno.
Es ist die Stimmung eines verführerischen Sommers, die Roman und Film etwas Flirrendes verleihen. Wie aus dem Nichts taucht Maria (Anne Schäfer) erst bei David (Peter Weiss) und dann bei Franz (Clemens Schick) auf. In beiden Männern bringt die neue Liebe eine Saite zum Klingen, die sie bisher kaum in sich gespürt haben. Maria versteht es, sich derart anzupassen und einzufühlen in die Ängste und Sehnsüchte ihrer Partner, dass ihre eigene Person darüber fast unsichtbar wird.

Tatsächlich verschwindet die junge Frau eines Tages wirklich. Bei der Suche nach ihr treffen David und Franz aufeinander. Beide erfahren erst jetzt, dass Maria das Bett mit dem jeweils anderen teilte. Und das, obwohl die Männer unterschiedlicher nicht sein könnten. Spießiger Rechtsreferendar der eine, lässig-cooler Barmann der andere. Beide vernachlässigen ihre Jobs in der Staatsanwaltschaft und der Bar mit dem merkwürdigen Namen „Cindy liebt mich nicht“. Statt dessen schwingen sie sich in Franz’ klapprigen Opel, um quer durch Deutschland und Dänemark nach Maria zu fragen.

Auf den ersten Blick ist das eine heitere Beziehungsgeschichte, die sich bald zum Roadmovie entwickelt – mit einer ebenso liebevollen wie distanziert-ironischen Betrachtung der Figuren. Auf den zweiten Blick geraten die Defizite stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit, vor allem die der beiden Männer. So erstaunlich es klingt: Beide wissen von der Frau, die sie über Monate als ihre Freundin betrachteten, fast nichts. Wo ihre Eltern wohnen, wer ihre Arbeitskollegen sind, was sie früher gemacht hat – all das hat anscheinend weder Franz noch David interessiert. Es ist weniger die Person, die sie liebten, als vielmehr das Bild, das sie sich von ihr machten, die Projektionsfläche einer doppelten Maria, auf die jeder seine Wünsche von der idealen Frau überträgt. Mit dem Zulassen realer Nähe haben diese einsamen Wölfe dagegen so ihre Schwierigkeiten.

Zu den schönsten Momenten von Cindy liebt mich nicht zählen die Augenblicke, in denen sich die beiden ungleichen Männer ihrer Schwächen und Beziehungsdefizite bewusst werden. Es entsteht eine leise, unterhalb der Konkurrenzebene sich zart entfaltende Freundschaft der beiden, die allmählich wichtiger wird als das Dreiergeflecht. Zumal die Suche Details ans Licht bringt, die darauf hindeuten, dass auch Maria mit der Liebe so ihre Schwierigkeiten hat. Und womöglich weder mit David noch mit Franz glücklich werden könnte.

Man mag den Roman und den Film darüber hinaus als Porträt einer Generation lesen, wie es Regisseurin Hannah Schweier in einem Kommentar für das Presseheft getan hat. Einer Generation, die im Internet Lebensentwürfe und Identitäten kreiert, die nicht der Realität entsprechen. Sondern wo sich Menschen ihre eigene Persönlichkeit schönreden und Bilder von sich entwerfen, die mehr ihren Wünschen entsprechen. Man kann den Film aber auch als eine fein beobachtete, humorvolle Auseinandersetzung mit Beziehungsdefiziten lesen. Und als Geschichte von persönlichen Veränderungen zum Besseren, die unspektakulär, aber glaubwürdig erscheinen.

Cindy liebt mich nicht

Maria ist eine ungewöhnliche Frau. Mit ihrer überraschend direkten Art treibt sie die Männer in die Defensive und lockt sie zugleich aus der Reserve. Das führt zu einer ebenso witzigen wie hintersinnigen Dreiecksbeziehung. Mit leichter Hand verfilmt Hannah Schweier in ihrem Langfilmdebüt den Roman „Cindy liebt mich nicht“ von Jochen-Martin Gutsch und Juan Moreno.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Steve · 26.07.2011

Muss man nicht gesehen haben.

Thomas Ruschke · 13.06.2010

Hab ihn gerade bei der Muenchner premaere gesehen... und ich muss sagen - war echt gut. Excellent character development with a soundtrack that rivaled only Zach Braff's Garden State. Anne Schaefer's interaction with the characters was incredible to watch. I would highly recommend this movie. Mir hat's gefallen.

Peter Schmidt · 11.06.2010

Muss denn alles ins Kino, was Bewegtbild ist?

Hans Weiner · 11.06.2010

Ziemlich furchtbarer Film!