Cairo Time

Eine Filmkritik von Lida Bach

Der Trost von Fremden

Niemals würden sie einander wiedersehen, prophezeit Tareq (Alexander Siddig) der Verlegerin Juliette (Patricia Clarkson). Die alternde Kanadierin entdeckt Kairo mit dem Kaffeehausbesitzer, der zu ihrem Führer durch Ägyptens geheimnisvolle Metropole wird. Ihr vielbeschäftigter Ehemann Mark (Tom McCamus) hat das Arrangement selbst getroffen, ohne zu ahnen, welche Gefühle es in dem Einheimischen und der Touristin wachruft. Umfangen von malerischen Kulissen kosten die Liebenden jeden gemeinsamen Moment aus. Geistiger Genuss, den sie nie real werden lassen im Wissen um die Vergeblichkeit ihrer Zuneigung.
In üppigen Szenenbildern schafft Ruba Nadda eine Liebeserklärung an einen Ort und das Verlangen, das er weckt. Die exquisiten Innenräume laden die Figuren und das Auge zum Verweilen ein. Cairo Time erliegt der Lockung bewusst. Das Dekor spiegelt die äußere Formalität einer Affäre, die sich in Blicken und Gesten abspielt. Das Verhältnis ist das Gegenteil einer amour fou — eine amour raisonnable, in der die Vernunft stets die Oberhand behält, der in sinnhafter Eleganz zelebrierte Sieg von Sinn über Sinnlichkeit. Nie entlädt sich die subtile erotische Anspannung. Ihre Gefühle beherrschen die Figuren gut – zu gut. Dies ist die stille Tragik des Liebesdramas.

Die Süße und Bitterkeit der Sehnsucht, die Ruba Nadda bis ins unscheinbarste Detail studiert, lässt die Autorin und Regisseurin ihre Filmfiguren genauso wie deren Betrachter schmecken. Die Liaison mit der Titelstadt macht aus der Geistesaffäre Tareqs und Juliettes eine Menage-à-trois. Die Kamera wird zum zweiten Führer durch das Straßengeflecht, dessen Exotik sie mit Juliettes forschendem Blick betrachtet. Der Handlungsort eröffnet sich zugleich durch die Augen beider Charaktere, die nach außen hin so verschieden und im Wesen so ähnlich sind. Die geistige Vertrautheit ist für Juliette verwirrend und faszinierend zugleich. Die vage Sehnsucht nach etwas, dass sie ahnt und nicht zu benennen wagt, macht das Unbekannte für sie anziehend. Die nie ausgelebte Abenteuerlust weckt in ihr den Wunsch, ihre Gefühle ebenso zu erforschen wie die Metropole. Doch die Wege des Herzens sind verschlungener als Kairos geheimste Gassen und der Weg auf ihnen kann schmerzlich sein.

Gleich den Gefühlen der äußerlich kühlen, innerlich glühenden Verlegerin ist Kairo geprägt von Kontrasten und scheinbaren Widersprüchen: zwischen Altertum und Moderne, überfüllten Gassen und einsamen Zimmern, Lärm und Stille. Das Bild, welches Nadda von Kairo entwirft, ist auch ein Abbild des Seelenlebens ihrer Hauptfigur. Die Metaphorik ist gleich dem gezügelten Begehren der Protagonisten ein offenes Geheimnis. Mit unverkennbarer Symbolik wagt sich die Inszenierung gefährlich nah an aufgesetzte Bedeutungsschwere. Drohen das Allegorische und die Pittoreske erdrückend zu werden, rettet allein Patricia Clarksons nuanciertes Spiel das Drama. Das Verhärmte ihrer Züge verrät die erdrückende Monotonie von Juliettes begütertem Dasein.

Der gesellschaftliche Rahmen der privilegierten weißen Oberschicht ist schützend und beengend zugleich. Ohne ihn ist Juliette angewiesen auf den Trost von Fremden wie dem einstigen Leibwächter ihres Mannes, der zu ihrem wird. Tareqs Auftreten zeigt, wie fest Juliettes Leben in der Hand ihres Mannes liegt. Mark hat seinen alten Bekannten als Führer engagiert, der ebenso als Wächter erscheint. Die scheinbar emanzipierte Geschäftsfrau existiert tatsächlich in stummer Folgsamkeit gegenüber den Lebensvorgaben ihres Mannes und der Gesellschaft. Die Entrückung von beidem macht ihr ihre Gefangenschaft erst bewusst. Das fremdländische Umfeld öffnet Juliette im doppelten Sinne die Augen. Ihre veränderte Perspektive signalisiert eine neue Geisteshaltung. Fast unmerklich vollzieht sich die seelische Wandlung. In bitter-süßer Trägheit präsentiert sie die Handlung, die den Protagonisten auf ihren Erkundungstouren folgt und ihren Gesprächen lauscht, die langsam immer intimer werden.

Die gemessene Empfindsamkeit von Cairo Time ermüdet, doch arrangiert man sich mit ihr, entfaltet sie einen verführerischen Sog. Gleich den süßlich-herben Aromen der Shisha, welche das Paar kostet, lullt er das Zeitgefühl ein, bis nur die namentliche „Cairo Time“ fühlbar ist: eine langwierige kurze Begegnung, die erschöpft und betört.

Cairo Time

Niemals würden sie einander wiedersehen, prophezeit Tareq (Alexander Siddig) der Verlegerin Juliette (Patricia Clarkson). Die alternde Kanadierin entdeckt Kairo mit dem Kaffeehausbesitzer, der zu ihrem Führer durch Ägyptens geheimnisvolle Metropole wird. Ihr vielbeschäftigter Ehemann Mark (Tom McCamus) hat das Arrangement selbst getroffen, ohne zu ahnen, welche Gefühle es in dem Einheimischen und der Touristin wachruft.
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Meinungen

kim · 28.02.2012

Kitschig und langweilig. "Sabah" hatte schon leichte Schlagseite, war aber noch ein ungewöhlicher und netter Film.

havva · 12.10.2011

Der langweiligste Film, den ich je gesehen habe. Und von Kairo nur die netten grünen Ecken (Botschaftsviertel, Nilinseln, Mena House Hotel, Nil) an Smogfreien Tagen. Dazu einige Klischee´s, die schlicht nicht stimmen (Männer bedrängen als Pulk eine Touristin mit obszönen Worten.....; oder ein Kind führt eine der Familie unbekannte Frau - Gast - in ihr SChlafzimmer und bettelt um ihre Haarspange...). Man wartet 90 Minuten, dass die Handlung endlich anfängt und wenn man zwischendrin aufs Klo geht, verpasst man auch nichts. :(

Bernd · 06.10.2011

Kurzkritik zum guten Film:
1)
Der abrupte Schnitt nach dem wunderschönen Wüsten-Sonnenuntergang, ohne sie, die Wüste in die Nacht eintauchen zu lassen !
2)
Die filmerisch schon nach dem ersten Tanz abgebrochene Hochzeit, "aus der eben doch viel mehr hätte erahnt werden können", als es danach gleich wieder in diese erwartete Zweierbezieheung einmünden zu lassen, obwohl diese "Fortsetzung im Zug" gut gelungen ist

Bernd

harald · 24.08.2011

Billige Schmonzette auf Degeto-Niveau.
Unglaubliche Enttäuschung.