bestefreunde

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Oh, Susi Q.

Die Thirtysomethings sind die neuen Twentysomethings. Oder aber, vielleicht: Waren vor zehn Jahren die Mittzwanziger im Film die Suchenden, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden haben, so muss man jetzt konstatieren: Auch die Mittdreißiger sind noch verloren in ihrem Leben. Zumindest Susi Q., mit englisch gesprochener Namensabkürzung, die zusammen mit ihrem besten Freund Mark durch die Welt reist, um die Jugend abzubilden in Fotos und Blog.
Reisejournalismus, mitten im Leben, Globetrottertum als Lebensziel, Ungebundenheit als Philosophie: Susi lebt in den Tag, von Ort zu Ort, feiert, hat Spaß, schleppt Frauen für One-Night-Stands ab, beobachtet und hält dieses Lebensgefühl fest. Bis sie zurückkehrt in die Kälte Berlins, in ein bleiernes Alltagsleben, das sie nicht ertragen kann. Und das wiederum selbst Susi wieder ausspucken möchte, die Wohnung, von der Oma übernommen, soll zwangsrenoviert und in ein Luxusappartment umgebaut werden, Strom, Heizung, Wasser werden abgestellt, der geleckt freundliche Hausverwalter kann auch nichts dafür, dass sie sich noch keine neue Wohnung hat besorgen können.

Das Schlimme für Susi aber: Mark hat eine Freundin. Mark, mit dem sie alsbald nach Südamerika aufbrechen möchte, obwohl die Reise nicht wirklich finanzierbar ist, obwohl pekuniär kein Gewinn zu machen ist aus diesem Lebensstil. Mark wird sesshaft. Mark verändert sich. Susi bleibt die Alte. Susi ist ein Zustand, keine Entwicklung. Susi merkt nicht, wie das Immergleiche irgendwann zu Vergangenheit wird, zum Alten. Susi will festhalten, was schon lange weg ist.

Jonas Grosch und Carlos Val inszenieren die Coming of Age-Geschichte einer Frau, die längst dieser Art von Story entwachsen sein müsste. Katharina Wackernagel, Hauptdarstellerin wie auch Produzentin, legt sich voll hinein in die Rolle der Susi, die mit Verve versucht, Mark von seiner Geliebten Vivian abzubringen – und mit dieser Entwicklung, die der Film einschlägt, indem er den innerlichen Stillstand seiner Protagonistin mitnimmt, geraten wir mehr und mehr in den Bereich der wirklichen Comedy, die wegkommt von der Gefahr einer etwas thesenhaften Porträtierung: Eingebettet in durchaus realitätsbehaftetes Setting sind absurde Nonsensmomente, die den Film auflockern und ihm die Besonderheit geben, die wichtig ist, um nicht im Einheitsbrei thematisch ähnlich gelagerter Filme zu versinken. Bjarne Mädel bringt eine tolle Einlage in einer Gastrolle als Auftraggeber für Pferdefotos, die die Reisefotographin Susi schießen soll: „Sag mal, bist du immer noch Lesbierin? Find ich ja gut, so willensstark! Wie ist das eigentlich mit diesen Stöpseln, du weißt, diese Plugs, für in Arsch rein?“ Die Tochter eines alleinerziehenden Freundes ist vorlaut, angenehmerweise gerade in dem Maß, dass es den Zuschauer nicht nervt, sondern dass es als Gegengewicht zur regressiven Susi dient: Facebookhacken ist kein Problem, und um die schlechten Seiten der Rivalin Vivian auszuforschen ist sie die Richtige.

Schließlich dann kommt der Film in eine richtige Dramaturgie hinein, auf ironische Weise: Die Hochzeit muss verhindert werden, da ist sich die Susi sicher, verblendet missversteht sie die Umstände und verkennt ihre eigene Befangenheit… Und benutzt einen schwulen Osteopathen, in ein Cowboyoutfit gesteckt, für den Versuch, im letzten Moment Mark eifersüchtig zu machen, der ja sie, Susi, begehren würde, wüsste er nicht, dass sie lesbisch ist… Rom-Com-Momente sind das, auf reizvolle Weise überzogen, die Hochzeitsparty wird zur Massagesession.

Auf interessante Weise missachtet der Film die Vorgaben der Genres, innerhalb derer er sich bewegt. Das ist mitunter etwas verstörend für den, der sich im Erwartbaren einrichtet; im Eigentlichen aber vollführt der Film ein feines dramaturgisches Vorwärtstorkeln, das dem Lernprozess, den seine Protagonistin durchmacht, voll angemessen ist.

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Die Thirtysomethings sind die neuen Twentysomethings. Oder aber, vielleicht: Waren vor zehn Jahren die Mittzwanziger im Film die Suchenden, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden haben, so muss man jetzt konstatieren: Auch die Mittdreißiger sind noch verloren in ihrem Leben.
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Meinungen

@Daniel · 26.10.2014

Danke für den Hinweis. Grüsse, Mike

Daniel S. · 26.10.2014

In diesem Film spielt(wie auch schon in allen anderen Streifen des Regisseurs Jonas Grosch),Sebastian Schwarz eine Hauptrolle,und zwar die von Mark-also die absolute Hauptrolle!ungewöhnlich schlecht recherchiert muss ich sagen,für diese Seite...