Banklady

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Mehr davon!

Christian Alvart ist ein eher untypischer deutscher Regisseur. Sein Horrorthriller Pandorum hat Blockbuster-Potential und mit Fall 39 hat Alvart sogar den Sprung nach Hollywood geschafft. Außerdem hat der mit knapp 40 Jahren immer noch recht junge Regisseur den ersten Tatort mit Til Schweiger als Nick Tschiller gedreht, der sich – ob das nun gefällt oder nicht – mit einer gehörigen Portion Action deutlich vom bisherigen Stil der traditionellen Sonntagabend-Unterhaltung absetzt. Und auch Banklady, der beim Filmfest Hamburg 2013 seine Weltpremiere feierte, lässt sich durchaus als unkonventionelles deutsches Kino beschreiben.
Warum unkonventionell? Zuerst einmal deshalb, weil Banklady weder eine romantische Komödie, noch ein in seiner eigenen Langsamkeit und Nüchternheit badendes Drama ist. Dann aber auch aufgrund der Story, die irgendwie eher an einen amerikanischen oder vielleicht britischen Film erinnert. Es geht nämlich um eine Bankräuberin. Genauer gesagt geht es um Deutschlands erste Bankräuberin. In den 1960er Jahren überfiel Gisela Werler mit ihrem Komplizen und Liebhaber Hermann stolze neunzehn Banken und erbeutete jede Menge Schotter. Man wundert sich, dass solch eine Geschichte es bislang noch nicht ins deutsche Kino geschafft hat. Aber wenn man länger drüber nachdenkt, dann ist es doch nicht mehr ganz so verwunderlich. Klingt eben nicht nach romantischer Komödie oder Drama.

Überraschenderweise verwandeln Christian Alvart und die Drehbuchautoren Kai Hafemeister und Christoph Silber diesen auf einer wahren Begebenheit beruhenden Stoff sozusagen in eine emanzipatorische Geschichte. Gisela (Nadeshda Brennicke) wird als graue Maus eingeführt. Sie arbeitet in einer Tapetenfabrik und lebt bei ihren Eltern. Schüchtern und in Liebesdingen eher naiv beginnt sie mit ihrem Kollegen Uwe (Andreas Schmidt) auszugehen, der sie wiederum Hermann (Charly Hübner) vorstellt. Plötzlich ist Gisela gar nicht mehr so zurückhaltend wie sie zunächst schien. Vielmehr stellt sich heraus, dass sie sich für den ruhigen Uwe eigentlich niemals interessiert hat. Es ist Gisela, die nun die Initiative ergreift und sich Hermann zunächst als Komplizin, kurze Zeit später jedoch auch als Liebhaberin anbietet. Spätestens bei ihrem ersten Überfall dann platzt endgültig der Knoten und Gisela ist nicht mehr aufzuhalten. In ihrer Beziehung zu Hermann behält sie erfolgreich die Oberhand, doch mit dem ermittelnden Kommissar (Ken Duken) sieht es anders aus.

Die Anspielungen auf Giselas emanzipatorischen Prozess sind zahlreich. Gleich zu Beginn warnt sie ihr Vater, Uwe nicht zu lange zappeln zu lassen. Der würde sich sonst sicher eine andere suchen. „Vielleicht suche ich mir ja einen anderen“, antwortet Gisela überraschend keck. Und genau das tut sie. Die weibliche Heldin wehrt sich mit allen Mitteln dagegen, in sexistische Schubladen gesteckt zu werden, die ihr männliches Umfeld schon mal vorsorglich für sie aufgezogen hat. Die Polizei beispielsweise geht lange davon aus, dass es sich bei der „Banklady“, wie die Presse Gisela tauft, nur um eine Prostituierte handeln kann und stellt sich bei ihren Ermittlungen damit selbst ein Bein. Die Heldin selbst sagt von sich zu Beginn des Films, dass sie gerne ein Mann wäre. Aus dem ganz einfachen Grund, weil sie auch wie Hermann und Uwe eine Bank ausrauben möchte. Doch sie muss gar kein Mann sein, um das zu tun. Gisela bleibt stets ganz Frau, genießt es, sich mit Perücken und schicken Kleidern für ihre Überfalle zu tarnen und bezieht durchaus Bestätigung aus der medialen Berichterstattung zu ihrer Person. Es ist ein bisschen schade, dass das Ende des Films dann doch den Mann zum Helden der Geschichte erhebt. Hier kann Banklady dann leider doch nicht aus der traditionellen Rollenverteilung des Mainstreams ausbrechen.

Das lässt sich jedoch erstaunlich gut verschmerzen, immerhin ist Banklady ganz offensichtlich als Popcorn- und nicht als Problemkino inszeniert. Die 1960er Jahre Ausstattung überzeugt, Humor wird sparsam, dafür aber gezielt und treffsicher eingesetzt und bis auf Ken Duken, der unangenehm gekünstelt wirkt, können die Darsteller überzeugen. Die dynamische und Blockbuster-taugliche Inszenierung droht zuweilen in die Übertreibung zu kippen, kann sich jedoch stets noch in letzter Sekunde davor retten, in unfreiwillige Komik abzugleiten. Als einziger Wermutstropfen bleibt das Drehbuch, das ein wenig zu weit ausholt und mit der einen oder anderen unnötigen Handlungsschleife den Film vollkommen unnötig in die Länge zieht. Hierdurch geht der Geschichte schließlich doch ein wenig Tempo verloren. Dennoch ist Banklady definitiv die Sorte deutsches Kino, von der wir gerne mehr sehen wollen!

Banklady

Christian Alvart ist ein eher untypischer deutscher Regisseur. Sein Horrorthriller „Pandorum“ hat Blockbuster-Potential und mit „Fall 39“ hat Alvart sogar den Sprung nach Hollywood geschafft. Außerdem hat der mit knapp 40 Jahren immer noch recht junge Regisseur den ersten Tatort mit Til Schweiger als Nick Tschiller gedreht, der sich – ob das nun gefällt oder nicht – mit einer gehörigen Portion Action deutlich vom bisherigen Stil der traditionellen Sonntagabend-Unterhaltung absetzt. Und auch „Banklady“, der beim Filmfest Hamburg 2013 seine Weltpremiere feierte, lässt sich durchaus als unkonventionelles deutsches Kino beschreiben.
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Meinungen

wignanek-hp · 15.09.2014

Ich finde die deutsche Kinolandschaft braucht mehr solche Filme. Nadeshda Brennicke schafft es, die Seelenlandschaft dieser Frau, die in der Tristesse und dem Mief der 60er vor allem als Frau gefangen ist, dem Zuschauer sehr deutlich zu machen. Man entwickelt viel Sympathie für diese Frau, die die ihr zugewiesene Rolle einfach nicht spielen will und ausbricht. Sie ist die Heldin des Filmes, egal ob Herrmann am Ende das letzte Wort hat. Der Zuschauer versteht: Sie schweigt und weiß, dass sie ihr Ziel letztlich erreicht hat. Eine kluge Frau. Die Rolle des Ermittlers ist aus mehreren Personen zusammengesetzt, um die Geschichte zuzuspitzen. Ken Duken macht seine Rolle gut. Alle Männer außer Herrmann wirken in diesem Film etwas steif. Das liegt aber eher an den 60ern als an einer misslungenen Deutung der Figuren.