Babooska

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ciao Tristezza

Ein Wanderzirkus in Italien, das klingt nach Nostalgie und natürlich nach Federico Fellinis Meisterwerk La Strada – Das Lied der Straße. Doch die Realitäten, die in Babooska gezeigt werden, sind prosaischer und ernüchternder: Die Familie Gerardi ist seit einigen Generationen unterwegs, sie sind laut ihrer eigenen Definition „Drittis“, fahrendes Zirkusvolk, die anderen, die Sesshaften, sind die „Gadschis“ – jener Menschenschlag, auf den man milde lächelnd blickt. Allein in diesen selbst geschaffenen Hierarchien drückt sich viel von dem Lebensgefühl aus, das die Gerardis und ihre Kollegen prägt. Es ist der Stolz der Außenseiter, der Stolz von Nomaden auf ihre tradierte Lebensweise.
Um dieser Lebensweise nahe zu kommen, haben die beiden Filmemacher Tizza Covi und Rainer Frimmel über lange Zeit immer wieder den Kontakt mit den Gerardis gesucht und so langsam ein Vertrauensverhältnis geschaffen, das normalerweise keinem Sesshaften zugestanden wird. Doch die Initialzündung für den Film gab es erst dann, als Covi und Frimmel bereit waren, die dürftigen Lebensumstände der Zirkusleute zu teilen und als sie einfach mitzogen, in einem Zirkuswagen ohne Wasser, fast ohne Storm und mit einer schlecht funktionierenden Heizung.

Das Italien, das die beiden Regisseure in ihrem Dokumentarfilm Babooska zeigen, hat wenig mit den Träumen von Sommer, Sonne und einem lockeren Leben am Meer zeigen. Statt „dolce far niente“ – dem süßen Nichtstun – zeigen sie ungeschminkt und ohne jeden Kommentar den Alltag einer Artistenfamilie, die mit ihrem Wanderzirkus durch ein herbstlich-abweisendes Mittelitalien ziehen. „L’arte di arrangiarsi“, die schon sprichwörtliche Kunst der Italiener sich in schlechten Zeiten mit viel Improvisation durchzuschlagen, ist hier kein folkloristisches Klischee, sondern schlichtweg bittere Notwendigkeit, damit die Familie überhaupt existieren kann. Denn für eine Altersvorsorge hat das Geld nie gereicht. In solchen Momenten schwelgt man vor allem in den Erinnerungen an die früheren Zeiten, als das Geschäft noch besser lief, die Zukunft hingegen ist wenig erstrebenswert, die wenigen Vorstellungen, die man noch gibt, locken kaum einen Hund hinter dem Ofen hervor. Denn die jungen Italiener können mit einer solchen Form der Unterhaltung nichts mehr anfangen. Und die Alten gehen nur noch wenig aus dem Haus. So ist es kein Wunder, dass in Babooska die Zirkusvorstellungen nur noch am Rande interessieren, viel wichtiger ist das alltägliche Zusammenleben von Babooska und ihrer Familie, die – so ahnt man es – zu einer aussterbenden Art gehören. Doch vielleicht ist es ja gerade dieses Wissen, dass sie dazu motiviert, einfach weiterzumachen und nicht aufzugeben. Und so ziehen sie weiter, von Ort zu Ort, von Dorf zu Dorf…

Babooska

Ein Wanderzirkus in Italien, das klingt nach Nostalgie und natürlich nach Federico Fellinis Meisterwerk La Strada – Das Lied der Straße.
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Meinungen

MrsBrown@gmx.net · 07.01.2008

Ich würde gerne eine DVD bestellen wo bekomme ich die , denn der film soll super sein.Judit Rudolf

Judith Rudolf · 07.01.2008

Ich will auch unbedingt eine DVD habe viel gutes gehöhrt und schreibe meine Diplomarbeit über das hema moderne nomaden LG Judith

Sylvia Gardner-Wittgenstein · 17.04.2007

habe gestern abend mit einigen Freunden, den film hier in New York beim Austrian Cultural Forum gesehen. Ganz ausgezeichnet und berührend. Gibt es davon ein Video oder DVD?
Fuer eine Weiterleitung unserer Begeisterung an die Filmemacher waeren wir sehr dankbar.
Mit Gruessen aus New York City
Sylvia Gardner-Wittgenstein