Aus dem Leben eines Schrottsammlers

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Momentaufnahme vom Rande der bosnischen Gesellschaft

Es ist ein hartes Leben, das Nazif (Nazif Mujic) führt, um irgendwo in der bosnischen Provinz seine Frau (Senada Alimanovic) und seine beiden Töchter zu ernähren. Mit Hämmern, Beilen und anderem Gerät zerlegt er Autos, schlachtet sie aus und verkauft den Schrott an Alteisenhändler — Recycling in seiner rudimentärsten Form. Natürlich ist der Ertrag aus diesem Geschäft karg und reicht kaum zum Leben.
Als Nazifs Frau Senada eine Fehlgeburt erleidet und aufgrund starker Blutungen ins nächstgelegene Krankenhaus muss, wird ihr dort die Behandlung verweigert — nicht weil sie eine Roma ist, sondern weil sie keine Krankenversicherungskarte besitzt. Die Anweisungen der Krankenhausverwaltung sind klar und deutlich: Wer nicht versichert ist muss bar bezahlen. Und das übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der Familie. Wieder und wieder bitten und betteln Nazif und seine Frau um Hilfe, doch sie erhalten sie nicht, weil sich alle hinter den Vorschriften verschanzen und lieber das Leben Senadas aufs Spiel setzen, statt Barmherzigkeit walten zu lassen. Schließlich schafft es Nazif doch, dass seine Frau endlich die notwendige medizinische Behandlung erhält — doch es ist ein illegaler Trick, ein Betrug, zu dem ihn die Lage zwingt.

Danis Tanovics Film Aus dem Leben eines Schrottsammlers lebt durch seine Verdichtung und Beschränkung auf einen kurzen Zeitraum und eine eindeutige Perspektive. Im Mittelpunkt stehen Nazifs Bemühungen, sein Kampf um das Überleben seiner Frau, das für den gesamten Überlebenskampf der Roma in Bosnien-Herzegowina steht. Angeregt durch einen Zeitungsartikel über deren Situation in seiner Heimat hat Tanovic mit Laien gedreht, die tatsächlich aus genau diesem Milieu stammen, er hat die Orte, an denen sie wohnen, ins Bild gesetzt und arbeitet damit hart an der Grenze zum Dokumentarischen. Das macht das Spiel von Nazif und seiner Frau zwar ungemein authentisch, doch manchmal wirken die beiden auch wenig expressiv. Trotz größter Emotionen wirken ihre Stimmen stets ein wenig leblos — oder ist dies vielleicht der bedrückenden Lage geschuldet, die einen genau so werden lässt?

Die Kürze der Episode und Tanovics dokumentarischer Blick machen seinen Film zu einer nüchternen und sehr funktionalen Bestandsaufnahme mehrerer Leben am Rande der bosnischen Gesellschaft. Kaum lässt der Film seinen Personen und dem Zuschauer je Zeit zum Durchatmen, kaum eine Szene, eine Einstellung ist nicht dem Zweck untergeordnet, die Handlung voranzutreiben.

Dennoch ist Aus dem Leben eines Schrottsammlers zwar ein wohlmeinender, aber deswegen kein zur Gänze überzeugender Film geworden — zu eindeutig und unverstellt präsentiert Tanovic seine (guten) Absichten, zu wenig Freiheit lässt er dem Zuschauer, sich selbst ein Bild zu machen, weil er die nächste passende Illustration seines Zieles sofort wieder nachschiebt, um ja keinen Zweifel aufkommen zu lassen.

Am Ende ist es sein eigenes Auto, das Nazif zerlegt und in handlichen Portionen verscheuert. Für den Preis, den er dafür erzielt, kann er die Stromrechnung und die dringend benötigten Medikamente für seine Frau kaufen. Allerdings ahnt man, dass die Zukunft trotz des glücklichen Ausgangs nicht besser wird für ihn und seine Familie: Wenn wieder etwas Unvorhergesehenes passiert, gibt es nun endgültig keine Rücklagen mehr, nichts, auf das Nazif zurückgreifen könnte. Der Kreislauf des Prekären geht weiter und weiter und weiter…

Aus dem Leben eines Schrottsammlers

Es ist ein hartes Leben, das Nazif (Nazif Mujic) führt, um irgendwo in der bosnischen Provinz seine Frau (Senada Alimanovic) und seine beiden Töchter zu ernähren. Mit Hämmern, Beilen und anderem Gerät zerlegt er Autos, schlachtet sie aus und verkauft den Schrott an Alteisenhändler — Recycling in seiner rudimentärsten Form. Natürlich ist der Ertrag aus diesem Geschäft karg und reicht kaum zum Leben.
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