American Splendor

Aus dem Leben eines Nerd

Der depressiv-mürrische und einsame Harvey Pekar (Paul Giamatti) fristet sein Dasein in Cleveland. Sein Leben ist ein Trauerspiel: ein gelangweilter Aktensortierer ohne Zukunftsaussichten, zwei Scheidungen, seltsame Freunde, die totale Leere und unüberwindliche Alltagshürden, wohin sein Auge nur blickt. Ein wenig Freude findet er nur am Sammeln alter Jazzplatten – bis ihm die Idee kommt, sich mit der Hilfe seines Freundes Robert Crumb als Comicautor zu versuchen. Das Ergebnis ist 1976 die Veröffentlichung eines ersten Comic-Heftes mit dem ironischen Titel American Splendor, bei denen es vor allem um ihn selbst geht: Harveys überaus unspektakuläres Universum, Erlebnisse eines exzentrischen und intellektuellen Alltagshelden in einer durchschnittlichen amerikanischen Großstadt. Die Szene ist begeistert — so auch die comicverfallene, seelenverwandte Joyce (Hope Davis), die Harvey schon nach einem ersten kurzen Treffen heiraten wird. Immer mehr Ausgaben von American Splendor erscheinen, bis sogar David Letterman anklopft. Was aber an Harveys Art und Weise, die Dinge mit seinen eigenen Augen zu sehen, wenig ändert. Denn "Gloom and doom" (Unglück und Verhängnis): das ist und bleibt seine Welt …

American Splendor ist ein ausgezeichneter, frischer und überaus beseelter American Independent Film der Extraklasse, der leider erst jetzt in die deutschen Kinos kommt. Besonders stilistisch gesehen ist der Film eine wahre Pracht — denn hier wird so ziemlich alles genial zusammengeführt, was man sich nur vorstellen kann. Comic- und Realbilder, die ineinander fließen, geschickt eingeflochtene Standbilder, immer wieder eingestreute Zeichentrickfilmelemente, Archiv-Aufnahmen von der Late Night With David Letterman und die ungewöhnliche Idee, Pekar persönlich in Interviewsituationen auf dem Filmset sein Leben erzählen zu lassen, während ihn parallel dazu Schauspieler Paul Giamatti darstellt. Alle diese Versatzstücke bilden ein großes Ganzes und wirken als spannendes, hochamüsantes Potpourri.

Insofern ist American Splendor gleichzeitig Dokumentarfilm und philosophischer Essay, reißt literarisch die Leinwand auf durch seine zärtlich wahrhaftig-wirkenden Aufnahmen, die originell erklären, warum die gleichnamige Publikation in den 70er Jahren in den USA Kult-Status erlangte. Bei leichten Jazzklängen verfolgt man gerne dieser Verlierer-Perspektive, die bis zum Ende sympathisch bleibt. Denn man sieht im einfach gerne zu, diesem Mann mit hängenden Schultern und stets miesepetrigem Ausdruck, der gleichwohl einen scharfen, wenn auch ironischen Blick auf seine Umwelt hat und gerade deshalb und unausweichlich unser Mitgefühl erweckt.

American Splendor

Der depressiv-mürrische und einsame Harvey Pekar (Paul Giamatti) fristet sein Dasein in Cleveland. Sein Leben ist ein Trauerspiel.

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